An warmen Tagen zeigen mehr Angestellte den Mut, leichte Kleidung, kurze Hosen und offene Schuhe zu tragen. Ist das positiv?
Die Ära der strengen Kleiderregeln, Anzüge und Kostümchen als Statussymbole für die herrschende Klasse scheint endgültig vorbei zu sein, besonders während der Hochphase der virtuellen Zusammenarbeit während der Pandemiemonate. Überall auf den Bildschirmen passierten kleine Missgeschicke – sei es der unbeabsichtigt sichtbare Unterleib oder der Vorgesetzte, der ohne Krawatte und Sakko mit hochgekrempelten Hemdsärmeln virtuell erschien, um den Geist einer entspannteren "neuen Normalität" an die Belegschaft zu senden.
Zudem wurde denjenigen, die von zu Hause aus arbeiteten, bewusst, wie viel Geld sie in Kleidung investierten, die ihre Schränke überflüssig füllte. Die Unbequemlichkeiten des Büros und seiner Vorschriften wurden für viele deutlich sichtbar, und dies gab Anlass, weiterhin nach Homeoffice-Möglichkeiten zu suchen. Jetzt arbeiten viele entweder bequem von zu Hause aus oder teilweise im Büro.
Besonders im Büro hat sich der einstige Dresscode gelockert, wie man häufig beobachten kann. T-Shirts und Pullover sind dort, wo keine spezifische Berufskleidung vorgeschrieben ist, immer öfter anzutreffen. An warmen Tagen tragen Kolleginnen öfter leichte Kleider, während mehr Kollegen kurze Hosen und offene Schuhe, teilweise sogar Sandalen, wählen. Ist das positiv? Ist dies ein weiterer Schritt weg von der unterdrückenden, hierarchiegeprägten 40-Stunden-Woche? Besonders junge Menschen bevorzugen diese Lockerheit, also sollten Führungskräfte es zulassen, auch wenn es ihnen persönlich nicht gefällt? Sollten sie aufgrund des Mangels an Arbeitskräften auf eine formale Kleiderordnung im Unternehmen verzichten?
Das Dilemma des Dresscodes
Schweigen ist keine gute Lösung, wie bereits vor einem Jahr eine Umfrage des Beratungsunternehmens BearingPoint ergab. In Deutschland wurden 1000 Büroangestellte befragt, und es zeigte sich ein "Dresscode-Dilemma": Traditionalisten und Anhänger von lockerer Kleidung stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die Empfehlung lautet daher, die Kleiderregeln je nach Anlass auszuhandeln. Dies könnte durchaus ein Nebenschauplatz im Konflikt zwischen alter und neuer Arbeitswelt sein. Aber Vorsicht! In derselben Umfrage gaben Berater an, dass sie für formelle Geschäftskleidung möglicherweise höhere Honorare verlangen könnten. Der Status des Dresscodes ist also noch nicht vollständig passé.
Individuell betrachtet, ist es in jedem Fall die beste Entscheidung, bewusst über das äußere Erscheinungsbild im Arbeitsleben nachzudenken. Wer Freizeitkleidung trägt, muss bereit sein, die damit verbundenen Konsequenzen zu akzeptieren. Andere, einschließlich Vorgesetzter, werden das Äußere bewerten und darüber nachdenken. Das kann eine bewusste Wahl sein, mit der man spielen kann. Andererseits kann es auch einfacher und selbstschützender sein, sich nicht darum zu kümmern.