Hinter den (Forscherinnen-) Kulissen

03. Februar 2021
Katharina Wildauer
Irene Rapp, Johannes Plattner Fotografie

Forscher*in zu werden ist eher selten ein Berufswunsch, meist führt einen der Zufall in die Wissenschaft. Univ.-Prof.in Julia Hautz und Dr.in Mai Anh Dao erzählen von ihrem Weg in die Forschung und ihren Erfahrungen aus dem Wissenschaftsbetrieb. Wissenschafter*in zu sein heißt, in weißem Kittel in einem Labor zu forschen? Dem ist natürlich nicht (ausschließlich) so: „Die Wissenschaft ist wahnsinnig vielfältig und hat so viele Aufgabenfelder, die in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt sind“, weiß Julia Hautz.

Ansätze zur Strategieentwicklung

Die Tirolerin ist Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Innsbruck und forscht an Unternehmensstrategien und neuen offenen, partizipativen und digital unterstützten Ansätzen zur Strategieentwicklung. Geplant war dieser Karriereweg aber nicht: Nach dem Wirtschaftsstudium wollte Hautz in der Privatwirtschaft Fuß fassen. Als ihre Diplomarbeit zur Dissertation weitergeführt werden konnte, entschied Hautz, sich zwei Jahre voll und ganz dem Doktorat zu widmen. Und lernte in dieser Zeit den Wissenschaftsbetrieb kennen – und lieben: „Die Wissenschaft hat mich gepackt und nicht mehr losgelassen“, sagt sie rückblickend. Dem Doktorat folgten nach mehreren Auslandsaufenthalten, unter anderem an der University of Oxford, Habilitation und Professur – mittlerweile ist Julia Hautz seit 13 Jahren international vernetzte Vollblutwissenschaftlerin.

Vom Hobby zum Beruf

Auch Mai Anh Dao ist Wirtschaftswissenschaftlerin und forschte, wie Hautz, am Institut für Strategisches Management und Unternehmensführung. Doch Dao führte ein etwas anderer Weg in die Forschung. Die Deutsche absolvierte schon ihren Master neben einem Vollzeitjob im Projektmanagement. Ihre vielfachprämierte Abschlussarbeit öffnete Mai Anh Dao dann die Türe für das Doktorat und weckte ihr Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten. Als externe Doktorandin schrieb sie die Dissertation in ihrer Freizeit. Als Nachteil empfand Mai Anh Dao das nie: „Ich fand es immer toll, dass ich so unabhängig war.“ Erst nach dem Doktorat wurde die Wissenschaft zu ihrem Beruf, Hobby zu ihrem Job: „Für mich war es sehr befreiend und bereichernd, nun das tun zu dürfen, was mich so fasziniert“, sagt sie. Heute ist Mai Anh Dao Unternehmerin: Nach 2,5 Jahren an der Universität machte sie sich mit ihrem Arbeitskollegen selbstständig und setzte eine Forschungsidee in die Praxis um.

Abschluss als Einstieg

Was die unterschiedlichen Karrierewege von Hautz und Dao dennoch gemein haben: Der Einstieg in den Wissenschaftsbetrieb erfolgte, wie so oft, über ihre Abschlussarbeiten. „Viele meiner Kolleginnen haben, so wie ich, durch die Master- und Diplomarbeit ihre Leidenschaft für ein bestimmtes Thema entdeckt“, erzählt Julia Hautz. In diesem Rahmen setzen sich viele Studierende näher mit wissenschaftlichem Arbeiten auseinander und bekommen einen Einblick in die Arbeitsweise. „Mit meiner Masterarbeit habe ich den Grundstein für meine weiteren Forschungsvorhaben gelegt“, sagt auch Mai Anh Dao. Deshalb: „Abschlussarbeiten nutzen anstatt sie möglichst schnell erledigen zu wollen. Interessen abtasten, eine Methodik wählen, die passt, und sich bei den Betreuer*innen nach Möglichkeiten erkundigen“, rät Hautz.

Teamgeist

Wer glaubt, überdurchschnittlich intelligent sein zu müssen, um zu forschen, der irrt. „Wissenschaft ist ein Teamsport. Man muss nicht Expertin in allem sein“, weiß Julia Hautz. Denn Forschungsvorhaben werden meist mit Kolleg*innen im In- und Ausland umgesetzt und bestehen aus verschiedenen Phasen: Recherche, Datenerhebung – sowie Auswertung, Publikation und Kommunikation. „Der Alltag als Wissenschaftler*in ist sehr abwechslungsreich“, so Hautz. Wie in jedem Berufsfeld müsse man sich auch erst einarbeiten und zurechtfinden. Die Basis sind Interesse und Neugier am eigenen Forschungsgegenstand: „In alles andere wächst man hinein“, sagt auch Mai Anh Dao.

Von innen heraus

Was es aber sehr wohl braucht, sind Eigenverantwortung und intrinsische Motivation. „Forschung gibt viel Freiheit. Das verlangt aber nach Verantwortungsbewusstsein“, hält Dao fest. Man müsse sich selbst Ziele stecken, Projekte suchen und diese eigenständig vorantreiben und umsetzen. „Forschen kann anstrengend sein, weil es kein linearer Prozess ist“, meint sie. Da braucht es Ausdauer und Durchhaltevermögen, um sich auch in mühsamen Phasen zu motivieren. Das klappt nur dann, wenn die Begeisterung für das eigene Fach groß ist. „Die Forschung ist stark von Eigeninteresse geprägt“, sagt Julia Hautz. Dass man Projekte und Themen weitgehend selbst auswählt, empfindet sie als großen Vorteil der Forschungstätigkeit. Auch für Mai Anh Dao ist deshalb Motivation ein wichtiger Bestandteil dieses Jobs: „Meine beruflichen Möglichkeiten und Chancen entstanden durch die eigene Begeisterung und mein Engagement dafür.“

Aufeinander zugehen

Im Gegenzug bietet die Wissenschaft ein flexibles und internationales Arbeitsumfeld und einen Job, der von den eigenen Interessen getrieben ist. Dass das Umfeld durchaus kompetitiv und leistungsorientiert ist, müsse man sich aber bewusst machen. Um in der Wissenschaft zu reüssieren, braucht es für Julia Hautz und Mai Anh Dao vor allem eines: Neugier. „Achtsam sein, beobachten, zuhören und dabei den Bezug zur Realität nicht verlieren – wenn das Freude macht, ist der Grundstein gelegt“, so Dao.

Zur Person

  • Univ.-Prof.in Julia Hautz ist Professorin für Strategisches Management an der Universität Innsbruck. In ihrer Forschung beschäftigt sich die Tirolerin aus Steinach am Brenner vor allem mit Unternehmensstrategien und der Öffnung von Strategieprozessen (Open Strategy) durch digitale Technologien.
  • Dr.in Mai Anh Dao ist Gründerin und Geschäftsführerin von MADiscover. Das Unternehmen mit Sitz in Innsbruck hat sich auf digitale Unternehmensakquisition spezialisiert. Zuvor war die Deutsche als Postdoc am Institut für Strategisches Management der Universität Innsbruck tätig.

  • Julia-Hautz

    Univ.-Prof.in Julia Hautz

  • MADiscover-Mai-Anh-Dao-5cJohannes-Plattner-Fotografie

    Dr.in Mai Anh Dao

Julia Hautz, Universitätsprofessorin und Mai Anh Dao, Gründerin und Geschäftsführerin MADiscover

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