Durch die Coronapandemie verlagert sich unser Leben mehr und mehr in den digitalen Raum. Auch Bewerbungsgespräche finden aufgrund von Kontaktbeschränkungen immer häufiger online statt. Recruitingexperte Christian Bauer verrät, was es beim Onlinejobinterview zu beachten gibt.
Kommunikation immer mehr ins Digitale verschoben
Das Coronavirus wird die Welt nachhaltig verändern, vor allem die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren und arbeiten. Bereits vor dem Ausbruch der Pandemie hat sich unsere Kommunikation immer mehr ins Digitale verschoben – Covid-19 wird diese digitale Transformation jetzt noch beschleunigen. Diesen Trend bestätigt auch Christian Bauer, Geschäftsführer beim Tiroler Personal und Organisationsberatungsunternehmen Connect Competence: „Der ganze Bewerbungsprozess hat sich ‚digitalisiert‘ und damit auch die Bewerbungsgespräche – zumindest die Erstgespräche.“ Obwohl bereits vor der Coronakrise immer mehr digitale Tools im Bewerbungsprozess eingesetzt wurden, sind sie durch die Kontaktbeschränkungen der letzten Monate zum neuen Standard geworden. Videocalls und digitale Bewerbungsgespräche sind also gekommen, um zu bleiben, vor allem, wenn es um eine erste Vorauswahl von der Kandidat*innen geht. Die feinen Unterschiede Auch wenn das Bewerbungsgespräch online ähnlich abläuft wie bei einem Meeting face to face, gibt es doch feine Unterschiede, die für ein erfolgreiches Interview entscheidend sein können.
Persönlichkeitsdimensionen
Einer der größten Unterschiede zu einem persönlichen Gespräch ist, dass man sein Gegenüber nicht wie gewohnt in allen Persönlichkeitsdimensionen wahrnehmen kann: „Die so wichtige Körpersprache, die einen Großteil unserer Wahrnehmung ausmacht, lässt sich nicht mehr in der Gesamtheit beurteilen – das fordert Interviewer*innen mehr in der Beobachtung der ‚sichtbaren Teile‘ und auch der Interpretation“, erklärt der Experte. Deshalb richtet sich die Aufmerksamkeit mehr auf die Mimik und die Stimme, wodurch beide mehr Gewicht in der Beurteilung der Bewerber*innen erhalten: „Unangebrachte Formulierungen oder ständige ‚Ähs‘ und ‚Öhms‘ werden stärker wahrgenommen. Passende Gesten, die eine Aussage noch überzeugender machen können, rücken in den Hintergrund. Zudem spielt auch die Tonqualität eine Rolle. Das ist zwar Technik, aber sie wird unbewusst wohl oft Teil des digitalen Gesamteindruckes“, erinnert Bauer.
Andere Bewertungskriterien
„Im Onlinegespräch findet der übliche Small Talk kaum mehr statt. Die Möglichkeit, dadurch Sympathiepunkte zu sammeln, hat sich reduziert“, erläutert Bauer. Durch das Fehlen einer breiten Palette von kommunikativen Signalen fokussieren sich Recruiter stärker auf den Inhalt des Gesprächs. Damit kann es auch schneller vorkommen, „dass wenn es nicht von Anfang an gut läuft, digitale Gespräche – aufgrund der fehlenden persönlichen Interaktion – eher beendet bzw. gekürzt werden. Damit haben Bewerber*innen oft weniger Chancen, die eine oder andere Anfangsschwäche auszugleichen“, erklärt Bauer.
Obwohl eine gute Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch schon immer wichtig war, ist es bei Onlinegesprächen noch einmal wichtiger, ein paar Testläufe mit Familie und Freunden zu machen, um zum einen die Technik zu 100 Prozent im Griff zu haben und zum anderen sicher, selbstbewusst und mit einem fundierten Konzept in das Onlineinterview zu starten.
Persönlicher Kontakt entscheidend
Durch die Veränderungen, die die Covid-19-Pandemie mit sich gebracht hat, haben viele Unternehmen, wenn auch manchmal gezwungenermaßen, gelernt, die Vorteile der Digitalisierung für sich zu nutzen. Bei der letzten Entscheidung, welche*r Bewerber*in am besten zum Unternehmen passt, wird aber auch in Zukunft der persönliche Kontakt entscheidend sein, wie Bauer abschließend zusammenfasst: „Um eine*n Kandidat*in aber in ihrer Gesamtheit als Persönlichkeit zu erfassen, benötigen wir nach wie vor eine Face-to-Face-Interaktion, und das live.“
Tipps für ein gelungenes Online-Bewerbungsgespräch
Was bei einem Videocall zu beachten ist?