Wenn Witze nicht mehr lustig sind

27. November 2021
TT/Natascha Mair
Shutterstock

Machtspielchen und Ausgrenzung im Job kommen oft im Gewand von Witzen daher. Die Mobbing-Beratung des ÖGB hilft bei Problemen.

„Was macht eine Blondine am Computer, wenn es brennt? Sie drückt auf Löschen.“ Solche Witze fallen am Arbeitsplatz von Frau K. täglich. Die Angesprochene zwingt sich zu einem Lächeln oder duckt sich hinter ihrem Bildschirm, während sich das ganze Büro vor Lachen krümmt. Mehrmals schon hat Frau K. versucht klarzustellen, dass sie derlei Späße nicht lustig findet. „Das war ja nur ein Witz“ und „Hab dich nicht so“ antworten die Kollegen dann. Die Situation am Arbeitsplatz wird immer belastender für sie, jedoch traut sich die Angestellte nicht, ihr Gefühl, gemobbt zu werden, laut auszusprechen.

Belastende Arbeitssituation

Ob man gemobbt werde oder es sich tatsächlich nur um harmlose Scherze handle, hänge von verschiedenen Faktoren im beruflichen Alltag ab, erklärt Petra Brunner, Mobbing- und Burnout-Beraterin beim ÖGB Tirol. „Fühlen sich Arbeitnehmer im Team bzw. im Unternehmen sozial gut integriert und wertgeschätzt, werden Scherze normalerweise positiv wahrgenommen“, sagt die Psychologin. Ist dies jedoch nicht der Fall, so können witzige Bemerkungen auf Grund der schon vorherrschenden belastenden Arbeitssituation auch in Richtung Mobbing gehen oder zumindest als Belastung wahrgenommen werden, erklärt Brunner.

Mobbing gibt es überall

Insgesamt 735 Stunden hat Brunner in den letzten sechs Jahren damit verbracht, Menschen zu beraten, die ihre Arbeitssituation als belastend empfinden. „Mobbing gibt es überall, nur wird es oft gar nicht oder zu spät als solches wahrgenommen“, weiß Brunner. Per definitionem handelt es sich bei Mobbing um Akte, die bewusst gegen eine Person gerichtet sind, um diese fertigzumachen. „Besagte Handlungen finden über einen längeren Zeitraum statt und können unterschiedlich oft auftreten“, sagt die ÖGB-Mitarbeiterin. Auch die Erscheinungsformen von Mobbing seien sehr unterschiedlich. „Wir unterscheiden zwischen physischem, verbalem, sozialem/indirektem, geschlechtsbezogenem/sexistischem Mobbing sowie Cybermobbing“, erklärt sie.

Mangelnde Gesprächsbereitschaft

Die Gründe für Mobbing seien ebenso verschieden wie dessen Erscheinungsformen. Normalerweise führe ein schlechtes Arbeitsklima dazu, sagt Brunner. „Ein zu hohes Arbeitspensum, mangelnde Arbeitsorganisation, intransparente Entscheidungsprozesse, ständiger Termindruck, personelle Veränderungen oder mangelnde Gesprächsbereitschaft seitens der Führungskräfte sind ein perfekter Nährboden für Mobbing-Handlungen“, erklärt sie. Auch die zunehmende Angst vor Arbeitslosigkeit führe oft dazu, dass Arbeitnehmer sich gegenseitig schikanieren und ausgrenzen.

Als Frau K. sich endlich traut, Hilfe zu suchen, ist es eigentlich schon zu spät. Die Büroangestellte hat die Belastung nicht mehr ausgehalten und gekündigt. So geschehe das häufig. „Arbeitnehmer halten Mobbing oder Bossing – wenn es sich um Schikanen seitens der Leitung handelt – sehr lange aus. Meist aus Angst, die Arbeitsstelle zu verlieren“, erklärt Brunner. Für eine ressourcenorientierte und zielgerichtete Lösung wäre es wünschenswert, dass die Beratung früher in Anspruch genommen werde, sagt die Mobbing-Beraterin.

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